EVAG-Brandschutz-Konzepte: Die Ausgänge müssen rauchfrei bleiben!

Jörg Brand mit einem guten, roten Bekannten - über den Kalauer um seinen Namen kann er immer noch lächeln

Jörg Brand mit einem guten, roten Bekannten – über den Kalauer um seinen Namen kann er immer noch lächeln

Im März 2011 verlieh der FeuerTrutz Verlag im Rahmen der FeuerTRUTZ Fachmesse Nürnberg erstmalig die Auszeichnung „Brandschutz des Jahres 2011“. Zum Gewinner der Kategorie „Brandschutzkonzept“ wurde die Umgestaltung der EVAG-Passerelle im Essener Hauptbahnhof gekürt.

Was steckt eigentlich hinter solchen Brandschutzkonzepten? Mein Informant dazu heißt Brand, Jörg Brand, und er ist Abteilungsleiter Technische Gebäudeausrüstung und damit zuständig für den anlagentechnischen Brandschutz bei der EVAG.

Jörg Brand schildert die damalige Problematik bei der Umgestaltung: „Kompliziert war die Entwicklung und Umsetzung des Brandschutzkonzeptes aufgrund der baulichen Situation, schließlich ging es um die Passage eines U-Bahn-Verteilers mit hohen Besucherzahlen und vielen Verkaufsflächen. Dazu kamen die hohen Anforderungen an eine sichere Personenrettung im Falle eines Brandereignisses.“ Sprichwörtlich „unter Tage“ zu sein, für größtmögliche Sicherheit zu sorgen, im Fall des Falles viele Menschen rechtzeitig evakuieren zu können und obendrein den Segen der Genehmigungsbehörden zu bekommen – das gelang BSCON und EVAG in gemeinsamer Anstrengung, mit innovativen Ansätzen im anlagentechnischen Brandschutz und einer idealen Abstimmung zwischen baulichen und gebäudetechnischen Lösungen. Das fand auch die FeuerTRUTZ-Jury und erklärte das BSCON-Konzept zum Gewinner.

Das Thema Brandschutz ist und bleibt aktuell

Seit 2008 gibt es bei der EVAG Brandschutz-Konzepte für unsere Bahnhöfe. Kein Konzept, ohne Ziele:

  1. Ziel: die Möglichkeit der Selbstrettung der sich im Gebäude oder Bahnhof befindlichen Personen! Die Feuerwehr ist in der Regel in solchen Fällen in bis zu acht Minuten am Einsatzort. „Bis dann sollten möglichst alle Personen raus sein“, sagt Brand.
  2. Ziel: die Feuerwehr muss einen gezielten Lösch-Einsatz starten können.
  3. Ziel: der Schutz der Sachwerte. „Aber das hängt ganz, ganz hinten dran“, so Jörg Brand.

Die Brandschutz-Konzepte dazu werden durch einen externen Dienstleister erstellt, der für jeden Bahnhof eine so genannte Verrauchungs- und Entfluchtungssimulation anfertigt. Der zu konzipierende Bahnhof wird in zig kleine Datenquadrate aufgeteilt, damit wird der Rechner dann gefüttert. Für die Verarbeitung dieser Daten braucht der Computer etwa zwei Wochen. Und dann geht’s zur Sache: der Rechner erarbeitet den schlimmsten Fall – ein „Worst Case Szenario“ .

Computer simuliert Rauchentwicklung

Eine brennende Bahn steht im Tunnel an einer U-Bahn-Haltestelle. Die Computer-Szene simuliert die Rauchentwicklung. Wie verteilt sich der Rauch im Bahnhof? Wohin zieht er ab? Versucht er nach oben zu entweichen – also in die Ausgänge? Und genau das gilt es zu verhindern – und zwar so lange, bis die Zeit der Entfluchtung vorbei ist. Der Rechner wird für seine Simulation mit den Daten einer vollbesetzten Bahn gefüttert. Dazu kommen noch die durchschnittlich an genau diesem Bahnhof wartenden Fahrgästen, deren Anzahl auf aktuellen Verkehrszählungen des EVAG-Verkehrsmanagements beruht. Diese ergibt dann die maximale Personenzahl – und die Simulation zeigt genau auf, wie viel Zeit die Menschen benötigen, um aus dem Gefahrenbereich raus zu kommen. „Und so lange müssen die Ausgänge rauchfrei bleiben?“, frage ich und  Jörg Brand nickt dazu.

Am Notausgang-Symbol befinden sich die Umgehungstüren. Das Symbol ist blau, da sonst eventuell eine Verwechslung mit den üblichen grünen Signalen für Tram und U-Bahn möglich ist.

Am Notausgang-Symbol befinden sich die Umgehungstüren. Das Symbol ist blau, da sonst eventuell eine Verwechslung mit den üblichen grünen Signalen für Tram und U-Bahn möglich ist.

Rauch macht was er will

„Unter Umständen macht der Rauch, was er will. Um aber genau das zu kalkulieren und zu verhindern, sind einige Varianten an baulichen Maßnahmen möglich“,  weiß Jörg Brand. So genannte Rauchschürzen sind eine Maßnahme. Sie hängen von den Decken runter, bis etwa 2,50 Meter über dem Fußboden, und sind unten offen. An der Haltestelle Hirschlandplatz zum Beispiel wurde diese Variante verbaut.

Die Abtrennung von Ausgängen durch so genannte Feststellanlagen ist eine weitere Maßnahme. Das sind Türen, die immer offen stehen, im Brandfall aber zu gehen. Sie sind per Hand zu öffnen, gehen aber hinter mir gleich wieder zu und halten so den Rauch aus den Ausgängen raus. Im bald umgebauten Berliner Platz sind diese dann zu sehen.

Wo baulich solche Türen nicht funktionieren würden, so wie an der im Umbau befindlichen Haltestelle Rathaus, kommen Brandschutz-Tore zum Einsatz. Diese fahren zu. Erst ein kleines Stück, um den Rauch abzufangen, dann gehen sie ganz zu und sind auch nicht mehr händisch zu öffnen. Durch Umgehungstüren führt der Weg nach draußen.

Brandschutztor im U-Bahnhof. Gut zu erkennen sind links u d rechts unten im Bild die Umgehungstüren.

Brandschutztor im U-Bahnhof. Gut zu erkennen sind links und rechts unten im Bild die Umgehungstüren.

„Jeder Bahnhof hat andere Anforderungen und muss neu geplant und simuliert werden.“ (Jörg Brand)

Infokasten

Die gesetzliche Grundlage für das Thema Brandschutz erfolgt durch die Verordnung über den Bau und Betrieb der Straßenbahnen (BOStrab) und  ist dort festgelegt  in der so genannten Technischen Regel Straßenbahn/Brandschutz. Überwacht wird die Einhaltung über die Technische Aufsichtsbehörde der Bezirksregierung Düsseldorf (TAB). Brandschutz nach gesetzlichen Standards ist bei Neubauten die Regel, bei Umbauten von „Bestandsbauwerken“ prüft und genehmigt die TAB anhand des Brandschutzkonzeptes seit dem Jahr 2009 für jeden einzelnen Bahnhof. Das gilt für alle Verkehrsunternehmen in NRW.

http://www.brd.nrw.de/organisation/abteilung2/25/index.html

 

 

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Sylvia Neumann

28.06.2016