Den Kunden auf dem Schirm – EVAG-KundenCenter Hauptbahnhof

Aussenaufnahme Kundencenter Hauptbahnhof Essen

Nach über zwei Jahren atme ich heute mal wieder KundenCenter-Luft und schaue mir das Tagesgeschäft im EVAG-KundenCenter am Essener Hauptbahnhof im Live-Betrieb an.

Mein Fazit: keine FAQ-Seite der ÖPNV-Welt könnte online all das abdecken, was die KundenCenter-Mitarbeiter in den zweieinhalb Stunden meines Besuches beantwortet und auf den Weg gebracht haben!

Hereinspaziert durch die große Eingangstür aus Glas wird der Besucher durch ein Kunden-Leitsystem zur Theke geführt. Die Großzügigkeit des KundenCenters wirkt einladend. Die Orientierung fällt leicht in diesem großen, hellen, hohen Beton-Glas-Gebäude am Ausgang „Freiheit“. Die sechs Plätze entlang der Kundentheke sind alle besetzt und ausgestattet mit PC, EC-Gerät, Infoflyern zu aktuellen Aktionen und Tariftabellen.

Ulrike Müller (Name von der Redaktion geändert) begrüßt mich. Die Teamleiterin des KundenCenters Hauptbahnhof sitzt selber an einem Platz an der Theke im Kundenkontakt. Es bleiben uns knapp fünf Minuten zum Reden, dann unterstützt sie ihr Team wieder. Die Wartenden werden mehr.

Klar, wer in ein KundenCenter eines Verkehrsunternehmens kommt, der braucht Beratung – Beratung rund um seine Fahrt und das Ticketangebot.

Fahrtauskünfte, MonatsTickets und aus Schwarzfahrern werden Kunden

„Wie komme ich nach Duisburg?“ – ich persönlich hätte ein „Guten Tag“, oder „Hallo“ vorneweg als höflich empfunden – allerdings hatte die Dame wohl Not: „Ich war noch nie nach Duisburg gefahren, wie komme ich denn da hin? Mit dem Zug?“ Bewaffnet mit einem Ausdruck ihrer Fahrtverbindung nebst Ticketpreis und Gleisanzeige verlässt die Dame beruhigt das KundenCenter: „Danke – schönen Tag.“

„Wie lange kann ich die Fahrt mit meinem EinzelTicket unterbrechen?“

„Kann ich mit dem Ticket bis nach Köln?“

„Welche Bahn fährt zu Ernestinenstraße?“ – na, die 107, denke ich. Und stimmt – „Gleis 1, die 107, alle 10 Minuten – brauchen Sie auch ein Ticket dazu?“ Brauchte er – und gleich Vier-Fahrten.

Aussenaufnahme Kundencenter Hauptbahnhof Essen

Ein SchokoTicket für den Sohn, ein Ticket1000 für den Herrn Papa – gut gerüstet gehen die zwei auf Tour mit Bus und Bahn. Ein junger Mann möchte zielsicher ein Ticket2000 für Essen kaufen und füllt gleich seinen Antrag dafür aus – elektronisch zeichnet er seine Unterschrift, zahlt bar und geht mit fertigem Chipkarten-Ticket hinaus. Genauso wie der junge Mann mit einer Schulbescheinigung. Der Datensatz für sein YoungTicket wird über die Daten seines Personalausweises angelegt, er zahlt mit EC-Karte, erhält seinen Kaufbeleg und das Chipkarten-Ticket wird zur sofortigen Nutzung für ihn freigeschaltet.

„Ich möchte mein Ticket wechseln“, die Dame zwinkert mir zu – ich stehe mit Stift und Block in der Hand hinter dem Thekenbereich und beobachte das Geschehen entlang der Kundentheke. „Ich möchte nun ein BärenTicket – alles andere bleibt. Ich will nur billiger fahren.“ Na, gesagt, getan.

„Ich kündige mein Ticket“, schade, dachte ich, warum das denn? „Ich habe mir ein Auto gekauft“, oh, ja dann, Glückwunsch. In den knapp drei Stunden meines Besuches waren auch fünf „Schwarzfahrer“ zu Gast im KundenCenter. Vier von ihnen haben die fälligen 60 Euro mit einem Ticketkauf verknüpft und sind nun frischgebackene Abo-Kunden.

Kaputte Bierflasche und mal eben Englisch reden

Die Schlange der Wartenden wird länger. Eine männliche Stimme lauter – eine Flasche fällt zu Boden und zerklirrt. Es riecht nach Bier. Der Mann wird noch lauter. Er versteht die gewünschte Fahrtverbindung nicht. Er wird wütend und stolpert nach drei, vier aufbrausenden Sätzen seinem Kumpel hinterher nach draußen. Eine Reinigungskraft wischt Bierpfützen auf und räumt Scherben weg. Der Mann war wirklich so wütend, dass der Sicherheitsdienst gerufen wurde.

Hin und wieder kommt das vor – dass die Stimmung kippt, und eine Situation kurz vor der Eskalation steht. Drohungen mit erhobener Handykamera, wie „gleich stehst du in der Zeitung“ sind dabei noch eine harmlose Variante. „Deshalb haben wir hier auch Handyverbot“, sagt Ulrike. Und der Grund ist meistens nicht nachvollziehbar – ob Fahrplanauskunft, Fragen zum Abo, oder die Zahlung des Erhöhten Beförderungsentgeltes. Viele Menschen sind dünnhäutiger geworden und fahren schneller mal aus der Haut. Das merken die Kolleginnen in den KundenCentern genau wie die Kollegen die die Busse & Bahnen steuern immer häufiger.

Abendaufnahme Kundencenter Hbf

„Das Team ist richtig super“, schwärmt Ulrike über ihre Mitarbeiter. Manche sind schon seit über 25 Jahren im KundenCenter mit von der Partie. „Die meisten sind das, drei Viertel etwa.“ Ulrike selbst ist seit 1998 bei der EVAG. Seit dem Jahr 2000 leitet sie das KundenCenter im Essener Hauptbahnhof.

15 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter arbeiten hier im Schichtdienst von 8 Uhr morgens bis 20 Uhr abends in der Woche, samstags von 10 Uhr bis halb vier. Und alle in Dienstkleidung.

Die Kundenschlange endet nicht – Ulrike kann nicht weiter mit mir sprechen. Sie empfängt den nächsten Kunden – und wechselt beiläufig mal eben um ins Englische und berät die junge Frau zu ihrer gewünschten Route und für welches Ticket und welche Laufzeit sie sich am besten entscheiden soll.

KundenCenter – Alltag.

 

 

 

Eine Antwort zu “Den Kunden auf dem Schirm – EVAG-KundenCenter Hauptbahnhof”

  1. Erika Stach sagt:

    Hallo Frau Neumann,
    alle Mitarbeiter, die im direkten Kundenkontakt stehen, verdienen Hochachtung (besonders in heutiger Zeit), denn sie leisten Großes.
    Leider finden aber die KundenCenter-Mitarbeiter seit je her nur wenig Erwähnung.
    Gerade deshalb freut mich Ihr gelungener Artikel sehr!
    Er gibt einen Einblick in das vielfältige Aufgabengebiet der Kolleginnen und Kollegen, auch der Gefahren, und dient hoffentlich der Wertschätzung ihrer Leistung, die durch nichts zu ersetzen ist!!!!
    Man bedenke, wir hatten einmal 5 KC und einen Info-Bus!? VG Erika Stach

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Sylvia Neumann

16.02.2016