Infografik: Schwarzfahren – das ist jetzt noch teurer

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Hand auf’s Herz: Sind Sie schon mal Schwarzgefahren? Peinliche Geschichte, oder? Mit Absicht? Dann ist zivilrechtlich das umgangssprachlich so genannte Schwarzfahren ein Verstoß gegen die Beförderungsbedingungen der EVAG, und strafrechtlich sogar eine Erschleichung einer Leistung gemäß § 265a StGB (Strafgesetzbuch). Damit macht sich strafbar, wer „in der Absicht erschleicht, das Entgelt nicht zu entrichten“, und „wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.“ Auch im Führungszeugnis taucht diese Strafe auf. Ich finde, das ist weit entfernt von einem Kavaliersdelikt oder einem Schülerstreich.

Seit dem 1. August 2015 ist Schwarzfahren teurer und kostet deutschlandweit, also auch in Essen bei der EVAG, nun 60 € – statt bisher 40 €. Damit ist Schwarzfahren hier zu Lande dennoch vergleichsweise günstig. In Luxemburg und in der Schweiz kostet es bis zu 160 Euro, wenn man ohne Ticket erwischt wird. In Frankreich werden bis zu 180 Euro fällig. Spitzenreiter ist Belgien mit einer Strafe, die bei 200 Euro liegen kann. Hier bei uns in Deutschland wurden die 40 € Strafgeld fürs Schwarzfahren seit dem Jahr 2003 nicht erhöht. Soviel zu den Kosten und den Folgen für den, der kein Ticket gekauft hat.

Dienstagmorgen. Auf dem Weg zum Job in den EVAG-Erzhof steige ich in die Tram und versuche meine Hirnwindungen zu booten. Ich stehe an der letzten Tür und höre etwas weiter weg eine mir irgendwie bekannte Stimme: „Ihren Fahrausweis bitte.“ Sofort schießt Adrenalin durch mein Blut, ich bin binnen einer Nanosekunde hellwach, nestele fahrig nach meinem Ticket in meiner Umhängetasche. Warum habe ich immer zu große Taschen, gerade für so eine winzige Plastikkarte. Wo ist das Ticket? Gefunden. Natürlich – im kleinen Kartenfach. Da steht „die Stimme“ auch schon vor mir und sagt: „Hey, lange nicht gesehen, wie geht es dir? Hast du auch dein Ticket dabei?“. „Oh, guten Morgen! Hab ich deine Stimme doch richtig erkannt. Man, du hast mich aber wach bekommen mit deiner Ticketprüferei hier, jetzt check es auch.“ Wir beide lachen. Auf etlichen Filmdrehs für diverse Produktionsfirmen und TV-Sender habe ich „meinen“ Ticketprüfer und seine Kollegen bei der Arbeit begleitet. Bei Schwerpunktkontrollen haben wir schon gemeinsam EVAG-Fahrgäste auf ihr gültiges Ticket hin überprüft. Und heute prüft er mein Ticket. Und ich zucke zusammen, als ob ich beim Ausspionieren von Weihnachtsgeschenken drei Tage vor dem Heiligen Abend von meiner Mutter erwischt worden wäre.

Schwarzfahren in Zahlen

Im Jahr 2014 wurden rund 1,6 Millionen Fahrgäste der EVAG auf ihr gültiges Ticket hin überprüft. Davon waren rund 41.000 ohne (gültiges) Ticket unterwegs. Rechnet man diese Zahl hoch und legt die jährliche Fahrgastzahl zugrunde, sind der EVAG Einnahmen in Höhe von 5 Millionen Euro verloren gegangen. Dieser Betrag ist kalkulatorisch und ist bewertet mit einem durchschnittlichen Fahrpreis einer Kurzstrecke und einem EinzelTicket der Preisstufe A2. Die „Einnahmen“, die durch das Schwarzfahren erzielt wurden, lagen im Jahr 2014 bei rund einer Million Euro. Damit sind die Kosten, die der EVAG für die Ticketprüfungen entstehen, gedeckelt.

„Den gemeinen Schwarzfahrer kann man nicht am Typ festmachen.“

Wer fährt Schwarz?

Jürgen Sterzl, bei der EVAG tätig im Bereich Kundenmanagement und dort zuständig für die so genannte Einnahmesicherung, kann nach 13 Jahren in diesem Job den „gemeinen Schwarzfahrer“ nicht am Typ festmachen.

„Der Anzugträger aus Bredeney, die nette alte Dame, der Obdachlose, der Student, die junge Mutter, der gestandene Herr. Wir können es nicht festmachen. Genauso wenig, wie ihre Reaktionen. Manchen ist es hoch peinlich, manche werden wütend. Und ein paar traurige „Fälle“ sind auch dabei.“ Beschimpfungen sind leider auch Alltag für Sterzl’s Ticketprüfer-Truppe. Doch neben vielen verärgerten, blicken die Ticketprüfer häufig auch in lächelnde Gesichter. Besonders freut es Ticketprüfer Sascha R., wenn Schwarzfahrer aus ihren Fehlern lernen. „Einige Leute die wir aufgeschrieben haben, trifft man nach einiger Zeit wieder und siehe da: Sie haben sich tatsächlich ein Abo gekauft.“

Täglich sind insgesamt 30 Ticketprüfer in Essen im Einsatz. Zwei bis fünf Kontrolleure sind je nach Linie zusammen unterwegs. 1,6 Millionen Fahrgäste müssen ihnen im Jahr ihr Ticket vorzeigen.

Vom Schwarzfahrer zum Gelbfahrer

Die EVAG macht den bei Kontrollen auffällig gewordenen Fahrgästen bzw. Schwarzfahrern ohne gültiges Ticket ein einmaliges Angebot: Beim Kauf eines MonatsTickets (Ticket 1000, Ticket 2000 persönlich) oder beim Abschluss eines Abonnements wird „einmalig“ auf die Erhebung des Erhöhten Beförderungsentgeltes (EBE) verzichtet. Dieses Angebot nehmen seit 2007 ca. 1.200 Fahrgäste pro Jahr in Anspruch.

Nicht jeder, der kein Ticket hat, ist gleich ein Schwarzfahrer. Kann der Fahrgast innerhalb von 14 Tage nachweisen, dass er zum Zeitpunkt der Kontrolle einen gültigen persönlichen Zeitfahrausweis besessen hat, wird statt des erhöhten Beförderungsentgeltes in Höhe von 60 € nur ein Betrag in Höhe von 7,00 € fällig.

Und? Sind Sie schon mal Schwarzgefahren? Peinliche Geschichte, oder?

4 Antworten zu “Infografik: Schwarzfahren – das ist jetzt noch teurer”

  1. Willi Püttmann sagt:

    Das Schwarzfahren ist im VRR noch recht günstig. Als ich 2014 einige Tage in Wien verbrachte, war ich überrascht über die vielen Hinweise, welcher Betrag beim Schwarzfahren fällig wird. Da ich mir vor dem ersten Fahrtantritt gleich eine Mehrtageskarte kaufte, konnte es mich ja nicht treffen. Die Wiener Lienen fordern von Schwarzfahrern einen Betrag von 100 Euro. Ich habe einige Kontrollen erlebt und war überrascht, das immer ein paar Schafe erwischt wurden. Vielleicht kann man im VRR auch die Erlöse steigern, wenn Schwarzfahrer 100 Euro zahlen müssen.

  2. Pensionär sagt:

    Die Bezeichnung „Schwarzfahrer“ ist nicht korrekt! Da man eine bewusste Fahrt ohne gültigen Fahrausweis dem Fahrgast rechtlich nicht unterstellen kann, ist die korrekte Bezeichnung , nach Feststellung, dass ein gültiger Fahrausweis nicht vorhanden ist, „Fahrgast ohne gültigen Fahrausweis!“
    Es gibt vielerlei Gründe, warum ein Fahrgast einen gültigen Fahrausweis bei der Prüfung nicht vorzeigen kann.
    Mit der Bezeichnung „Schwarzfahrer“ unterstellt man pauschal allen Fahrgästen ohne gültigen Fahrausweis, ein bewusstes Fahren ohne Entrichtung des erforderlichen Fahrpreises!
    Aus diesem Grunde, wurde auch die Bezeichnung „Kontrolleur“ in „Fahrausweisprüfer“ geändert.
    Geprüft wird eben nur der „Fahrausweis“ und nicht der „Fahrgast“
    Fahren „ohne gültigen Fahrausweis“ ist kein Kavaliersdelikt! Aus diesem Grunde ist das Angebot der EVAG zum nachträglichen Kauf eines Monats-Tickets vollkommen daneben! Der, der es sich leisten kann, wartet ab und der, der es sich nicht leisten kann, ist der „geprügelte Hund!“
    § 265a Strafgesetzbuch „Erschleichen von Leistungen“ gibt Ihnen Auskunft darüber, dass es sich eben nicht um eine harmlose Sache handelt! Der Schaden gehrt zu Lasten aller!
    Es ist nicht Aufgabe des Unternehmens, Fahrgäste zu erziehen, sondern nur sachliche Feststellungen zu treffen!
    In meiner Tätigkeit als Fahrausweisprüfer und Verkehrsmeister der EVAG habe ich einige Tausend „Fahrausweise“ überprüft!

  3. Fahrgast Anna sagt:

    Viele Leute fahren gern umweltfreundlich, d.h. anstatt Auto mit der Bahn. Sie kaufen dann Vierer-Tickets wenn sie es benötigen. Es kann trotzdem passieren, dass sie nur daran denken den Ticket zu entwerten nach ein paar Haltestellen, und mussen dann als Strafe die 60 Euro bezahlen. Ich finde aber, dass der Fahrgast nicht gezwungen sein mussen zwischen zwei “einmalige” Angebote (Monatsticket oder Abo) zu wählen, falls er lieber mehrere Vierer-Tickets haben möchte. Der Ruhrbahn sollte diese Option anbieten, wenn er mehr Leute überzeugen möchte umweltfreundlicher zu fahren.

  4. Anja Susanne sagt:

    „Wir benutzen schon seit Jahren nicht mehr den Begriff Schwarzfahrer“

    Dreiste Lüge.

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Sylvia Neumann

18.08.2015