Weichendiagnosesystem – bei der Ruhrbahn digital

Die Weichen der Ruhrbahn sind ganz schön fleißig, denn sie bewegen sich jährlich 2 ½ Millionen Mal nach links oder rechts. Hochleistungssport! Das benötigt viel Pflege. Jedes kleine Wehwehchen muss frühzeitig erkannt werden, damit eine gestörte Weiche nicht zu Fahrtausfällen führt. Dafür haben wir eine smarte Lösung: Den Roadmaster 2.0. Noch bevor ein Ausfall einer Weiche droht, zeichnet dieses digitale Weichendiagnosesystem Unregelmäßigkeiten auf, um frühzeitig betriebsbehindernde Störungen zu beheben. Das reduziert auch die Instandhaltungskosten – vorher wurden zum Beispiel die Weichen monatlich geschmiert, nun bedarfsorientiert.

Und so geht’s

Mit Sensoren wird der Stromfluss am elektrischen Weichenantriebsmotor gemessen. Sollte das Umstellen der Weiche besonders schwerfällig laufen, also viel Strom oder längere Zeit benötigen, werden diese Daten in einem zentralen System gesammelt. Gründe dafür können beispielsweise Dreck, Sand, Temperaturschwankungen oder zu wenig Schmierung sein.

Immer am Puls der Weiche: Das Diagramm zeigt den Energieverbrauch der Weiche Ehb W26 am Essener Hauptbahnhof. Mit durchschnittlich 590 Stellvorgängen am Tag ist sie die fleißigste Weiche.

Das System wertet diese Daten aus (rote Kurve) und vergleicht sie mit dem normalen Energieverbrauch des Motors. Dieser wird individuell pro Weiche als Referenzstromkurve bestimmt (grüne Kurve). Diese Kurven erinnern an ein EKG beim Arzt und zeigen den „Puls“ der Weiche. „So können wir frühzeitig diagnostizieren, welche vorbeugenden Reparaturarbeiten notwendig sind. Die gesammelten Daten helfen uns bei der Fehlersuche und im besten Fall schon bei der Vermeidung eines Fehlers“, erklärt Projektleiter Emanuel Bahr aus dem Bereich Signaltechnik.

Einfaches Ampelsystem

Jede einzelne Weichenumstellung wird mit ihren Detailinformationen im System gespeichert. Manuell ist diese Datenmenge nicht zu bewältigen. Diese Arbeit übernehmen Prüfalgorithmen. Mit einem Ampelsystem werden die Zustände der Anlagen dann übersichtlich auf einem großen Bildschirm in der Werkstatt Signaltechnik als Live-Ticker dargestellt. Über das Webportal des Weichendiagnosesystems lassen sich die Daten am PC dann auch im Detail betrachten, filtern und auswerten.

Alles leuchtet grün – alle Weichen laufen problemlos.

„Endlich können wir mit belastbaren Zahlen belegen, wie gut unser System funktioniert“, freut sich Ingolf von Seht, Abteilungsleiter Signaltechnik. Ein Beispiel: Das Stellwerk am Essener Hauptbahnhof steuert 60 Weichen. Diese kommen auf fast 1 ½ Millionen Weichenumstellungen in einem Jahr. Davon wurden im letzten Jahr nur 132 auffällige Weichenumläufe gemeldet. „Diese hätten ohne die frühzeitige Warnung des Systems alle zu Fahrtausfällen führen können“, ergänzt von Seht.

Ein System für die Zukunft

Seit letztem Jahr sind im Bedienungsgebiet der Ruhrbahn 121 Zugsicherungsweichen, 20 Weichen in einem Betriebshof,  die Erd- und Gestellschlussmelder aller Stellwerke und 27 Schienenkopfbenetzungsanlagen an das digitale Weichendiagnosesystem angeschlossen. Gemeinsam mit dem Anbieter entwickelt die Ruhrbahn das System weiter. „Dort, wo es möglich ist, wollen wir das System einbinden und auch weitere Gewerke mit einbeziehen. Damit wollen wir die prädiktive Instandhaltung für das ganze Unternehmen weiter ausbauen“, erklärt Jörg Lamers, Ruhrbahn-Bereichsleiter für Telematik und Prozesstechnik. „Das digitale Weichendiagnosesystem ist ein Projekt für die Zukunft!“

 

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Carolin Weidner

28.07.2021