Von Rolltreppen, die nicht rollen, aber fast immer fahren
Wieder steht die Fahrtreppe und wieder ist kein Passant in Sicht, der mit anpackt und hilft, um die schweren Einkaufstüten die Steinstufen hinauf zu tragen. So oder ähnlich lauten Beschwerden von Fahrgästen und Facebook-Fans. Wieso fahren Fahrtreppen eigentlich nicht dann, wenn man sie benötigt? Ich frage den Abteilungsleiter Technische Gebäudeausrüstung bei der EVAG, Jörg Brand.
Wieso dauert das eigentlich (so) lange, bis eine Fahrtreppe repariert wird?
Je nach Auslastung unserer Fahrtreppenwerkstatt und auch je nach Art des Schadens, dauert eine Reparatur tatsächlich unterschiedlich lang. Im Stadtgebiet Essen betreiben wir 143 Fahrtreppen. In neun von zehn Fällen kann der Entstördienst, unsere „Fahrtreppen-Polizei“, mit einer ersten Entstörung die Fahrtreppe wieder betriebsbereit hinbekommen. Klappt das nicht, wird die Fahrtreppenwerkstatt verständigt. Ich will ja nicht schulmeistern, aber der korrekte Fachterminus lautet Fahrtreppe – nicht Rolltreppe.
In der zuständigen Abteilung arbeiten 9 Mitarbeiter. Der Entstördienst ist an 365 Tagen von 6.00–22.00 Uhr im Einsatz.
Nicht immer sind sofort die benötigten Ersatzteile bei den Herstellerfirmen auf Lager. Das frisst dann noch mehr Zeit.
Warum dauern die Ersatzteillieferungen so lange?
Wenn z.B. eine Stufenkette (Kette, an der die einzelnen Stufen befestigt sind) defekt ist, dann muss diese individuell von einem Kettenhersteller gefertigt werden. Fertigung inklusive Lieferung – das dauert schon rund zwölf Wochen.
Das wundert mich und ich hake nach: Fahrtreppen sind Einzelanfertigung? Sind das keine Großserien?
Nein, so Brand. Jede Fahrtreppe, die im Nahverkehr und an den Bahnhöfen im Einsatz ist, hat immer wieder unterschiedlichen Förderhöhen und Neigungswinkel. Bei jeder Anlage handelt es sich also um eine Einzelfertigung. Großserien gibt es nur bei Fahrtreppen, die „indoor“, zum Beispiel in Kaufhäusern, verwendet werden.
Wieso fallen Fahrtreppen aus und wie oft?
Bei uns treten Fahrtreppenstörungen rund vierzig Mal am Tag auf. An einigen Bahnhöfen ist das Thema Vandalismus ein großes Problem. Bemerkenswerterweise besonders in der Nähe von Schulen. Schauen wir uns zum Vergleich den Essener Hauptbahnhof an: Wo wirklich viele Passanten unterwegs sind, tritt das Problem fast gar nicht auf.
Die Verfügbarkeit unserer Fahrtreppen liegt bei rund 92 Prozent. Die der Aufzüge sogar bei etwa 95 Prozent. An 365 Tagen im Jahr laufen Aufzüge und Fahrtreppen durch – und das rund 20 Stunden am Tag.
Wie können sich unsere Kunden informieren?
Bei längeren Ausfällen von Fahrtreppen werden Hinweisaufkleber an den Säulen der Fahrtreppen angebracht. Allerdings verschwinden diese Aufkleber oft innerhalb von kurzer Zeit wieder. An den elektronischen Anzeigetafeln der jeweiligen Haltestelle findet man bei längeren Ausfällen einen entsprechenden Hinweis. Auch im Internet gibt es eine Extra-Rubrik, in der alle längeren Fahrtreppen- und Aufzugsausfälle zeitnah mitgeteilt werden. Das alles geschieht aber im Handbetrieb und nicht vollautomatisch und so kann es in der Kommunikation zu Verzögerungen kommen.
Hier geht es zur Extra-Rubrik Aufzug- und Fahrtreppenstörungen.
Danke, Herr Brand, jetzt bin ich schon wieder ein Stück schlauer.
Verfügbarkeit von 92%? Das ich nicht lache!!! Ich bin häufig in Essens unterirdischen Stationen unterwegs und muss sagen, dass ich bisher kaum eine gesehen habe, in der ich nicht eine defekte Fahrtreppe gesehen habe. Die absolute Krönung habe ich vor ein paar Wochen in der Station Altenessen Bf (U11/U17) erlebt: Der Aufzug war defekt und von allen Fahrtreppen die es in dieser Station gibt war nur eine! ich sage es gern noch einmal nur E-I-N-E!!!!! Fahrtreppe nicht defekt, alle anderen standen! Auch habe ich z.B. an der Station Universität Essen, in der jeden Tag bin, da ich in Essen studiere es häufig erlebt, dass eine Fahrtreppe defekt war, dann repariert wurde und kaum zwei Wochen später schon wieder defekt war. Eben jene Fahrtreppe, die zur Zeit übrigens schon wieder defekt ist, war letztes Jahr einmal über drei Monate am Stück defekt, ohne das etwas daran gemacht wurde. Auch habe ich es schon erlebt, dass in dieser Station zwei Fahrtreppen gleichzeitig defekt waren, als die Leute des Reparaturteams kamen haben diese aber nur eine repariert, obwohl die andere defekte Fahrtreppe direkt am gegenüberliegenden Eingang war und sie diese eigentlich hätten bemerken müssen. Ich verstehe auch nicht warum, wenn an Orten an denen es zwei Fahrtreppen nebeneinander gibt, diejenige defekt ist, die hoch fährt, dann die andere, also die die runter fährt, nicht umgestellt wird, damit diese dann für die Zeit des Defekts hoch fährt. Schließlich ist es, gerade auch für ältere oder bewegungseibgeschränkte Personen, weniger anstrengend runter laufen zu müssen als rauf. Und machbar sein müsste es eigntlich, schließlich haben die Fahrtreppen sowohl unten als auch oben eine blaue und auch eine rote Lampe, wenn der Betrieb nur in eine Richtung möglich währe gebe es doch nur auf der einen Seite eine blaue und auf der anderen eine rote Lampe, außerdem wird das in meiner Heimatstadt Duisburg von der DVG ebenso gemacht, dann sollte man das bei der EVAG doch auch hinkriegen.
Es ist sehr schlimm für Behindete mit den Bahnen zu fahren,weil man selten bis zu den Bahnen kommt,andauernt sind die Aufzüge defekt und die Rolltreppen .
Ich bin wie mehrere Menschen immer auf die Aufzüge angewiesen,da ich mit Rollator unterwegs bin.Leider kann ich auch nicht sehr weit laufen um an eine andere Haltestelle zu kommen.Ich versuche jetzt schon mit meinem Rollator die Rolltreppe zu benutzen,was sehr schwierig ist und ich bin dabei auch schonmal gefallen und habe mich erheblich verletzt.Aber wir gehen Sonntags immer in die Kreuzeskirche aber vorige Woch ging gar nichts mehr.Der Aufzug ist schon seit Wochen kaputt und diesen Sonntag ging aber auch keine Rolltreppe abwärts noch nichtmal die von Real abwärts.Wir mußten so krank wir waren mit dem Rollator die Treppen runter.Das kann es doch alles nicht sein.wir fahren schon oft in Straßenbahnen,die noch ein Trittbrett haben,auch das nehmen wir in Kauf.Mir ist bewußt das es oft mit Absicht demoliert wird,aber kann man da nicht mehr Aufsichtspersonal einstellen oder Kameras.Ich finde es sehr traurig,Essen die grüne Haüptstadt aber kein Verständnis für Behinderte.Ich hoffe da wird mal was geändert.Mit freundlichen Grüßeb Christel Wnuck
Das Problem ist definitiv, dass wir Fahrgäste nicht organisiert gegen diese Misswirtschaft vorgehen. Es müssten die Bezirksvertretungen (also die Politik), die Presse sowie die Schlichtungsstelle Nahverkehr aktiviert werden.
Ein weiteres Problem ist, dass jedes teurer Schräubchen ausgeschrieben werden muss, da keine vernünftige Ersatzteil- und Lagerhaltung besteht. Sechs Monate Reparaturzeit basieren meist auf einer EU-weiten Ausschreibung. Ein paar Wochen später geht dann ein anderes Teil kaputt und das Ganze fängt von vorne an.
Es wird seitens des Verkehrsunternehmens immer geklagt, dass kein oder zu wenig Geld für vernünftige Maßnahmen da sei. Das ist ein Zeichen dafür, dass der öffentliche Stadtnahverkehr ndlich privatisiert werden muss. Es gibt kapitalkräftige Unternehmen, welche massiven Druck auf diesen Markt ausüben könnten.
Hallo Herr Wendorff,
ganz einher kann ich mit Ihnen nicht gehen: seitens des Verkehrsunternehmens wird nicht immer geklagt, dass kein Geld da sei.
Es wird festgestellt. Und diese Feststellung hat Gründe. Da hilft auch keine Privatisierung.
Und unsere Lagerhaltung ist vorbildlich! Gerade bei den Fahrteppen handelt es sich bei den Bauteilen meist um Einzelanfertigungen, die sie nicht auf Lager mal eben so halten können.
Wir steuern dagegen. Siehe Artikel, der morgen erscheint.
Dass es dem ÖPNV nicht an Geld mangelt, dürfen Sie nicht zu laut sagen – sonst werden die Nachbarn böse (Dortmund & Co. haben durch Personalkosten & Beteiligungen in den letzten Jahren richtig bluten müssen). Klar, der Kostendeckungsbeitrag der EVAG liegt etwa im bundesweiten Durchschnitt. Aber die Rheinbahn liegt beispielsweise WEIT drüber.
Was bringt es denn ein System nachzurüsten, welches über defekte Rolltreppen informiert? Es wird ja nichts an der Zeit der Nichtverfügbarkeit ändern. Reichen da nicht Beschwerden der Kunden? Die Fertigung und Installation des Gerätes verursacht neue Kosten. Versprechen Sie den Fahrgästen lieber einen Bonus, z.B. eine Freifahrt per Handyticket-Gutschein für jede Neumeldung. Das wäre dann sogar innovativ.
Die Rolltreppe vor meiner Haustür lief in diesem Jahr nur wenige Tage. Jetzt ist sie wieder defekt. Vor einem Jahr wurde sie komplett umgebaut, nachdem Sie Monate auf Ersatzteile warten mussten.
Spannender Artikel. Es ist nicht einfach eine Rolltreppe zu reparieren. Weiss ich von einem Hauswart.