Ticketkontrollen: Was sind Schwerpunkt- und Sonderkontrollen?

Eigentlich hätte die Fahrt mit der U11 so unbeschwert und schnell vonstatten gehen können, doch zu früh gefreut: An meiner Haltestelle Berliner Platz werde ich gar nicht erst aus der U11 gelassen – die EVAG kontrolliert die Tickets und diesmal mit einer sogenannten Schwerpunktkontrolle. Heerscharen von Prüfern „stürmen“ die Wagen oder fangen direkt diejenigen Fahrgäste ab, die bereits das Fahrzeug verlassen haben. Jeder Fahrgast muss sein Ticket zeigen. Auffällig ist, wie viele Personen ausgerechnet bei dieser Kontrolle sich entrüstet zeigen und die Diskussion suchen – Jetzt steht der Kontrolleur vor mir, ich weiß nicht, der wievielte Fahrgast ich für ihn bin. Ich zeige ihm mein Ticket. Und siehe da, Ticket ist gezeigt, geprüft und ich darf gehen – keine fünf Minuten später habe ich den Bahnhof bereits verlassen.

 Aber so einfach ist es nicht immer: Schließlich lese ich ein paar Tage später das Ergebnis dieser Kontrolle in der Zeitung. „Ticket-Schwerpunktkontrolle am Berliner Platz – 235 Fahrgäste ohne ein gültiges Ticket“. Die EVAG kontrollierte fast 5.800 Personen in acht Linien! Wenn jeder 2. oder 5. Fahrgast noch diskutieren muss, kann ich mir gut vorstellen, wie sich ein Ticketprüfer fühlt. Und ja: Es ist eine Ausnahmesituation. Bis man selbst kontrolliert wird, können Minuten vergehen – Minuten, die meinen Anschluss gefährden oder mich grundsätzlich in eine zeitliche Schieflage versetzen.

Warum solche Kontrollen?

Ticketkontrollen unterscheiden sich. Da gibt es beispielsweise die alltäglichen, wenn es heißt „Allgemeine Ticketkontrolle, bitte zeigen Sie Ihr Ticket“. Aber auch Sonderkontrollen. Diese werden u.a. zum Monatswechsel der Tickets durchgeführt. Also: Haben Ticketinhaber ihre Monatsmarke auch tatsächlich aktualisiert? Und dann gibt es eben die oben beschriebene Schwerpunktkontrolle.

„Wir haben jedes Jahr einen Schaden durch Schwarzfahrer zwischen 5,0 – 6,0 Millionen Euro“, beziffert Jürgen Sterzl den Einnahmeverlust der EVAG.

Sterzl ist seit rund 14 Jahren bei der EVAG für diese Kontrollen verantwortlich. „Pro Jahr kontrollieren wir zwischen 30 und 40 Mal die Fahrgäste an unterschiedlichen Haltestellen und leider muss ich feststellen, dass die Schwarzfahrerzahlen nicht abnehmen“, resümiert der 59-jährige. Circa 1,3 Millionen Euro investiert die EVAG jährlich in diese Kontrollen!

Schwarzfahren ist kein Kavaliersdelikt!

Wer mit öffentlichen Verkehrsmitteln fährt, nimmt eine Dienstleistung in Kauf, für die er bezahlen muss. Denn das tun wir mit einer Selbstverständlichkeit, wenn wir beispielsweise ins Stadion gehen Unterm Strich muss für die Dienstleistung bezahlt werden. Wer dies nicht tut, erschleicht sozusagen die Beförderung oder die Leistung und dies ist eine Straftat – so steht es im Gesetzbuch, zu finden unter dem Paragraphen 265 a nach STGB (Mehr dazu im Blogartikel „Infografik: Schwarzfahren – das ist jetzt noch teurer“). Doch all das schreckt die sogenannten Schwarzfahrer überhaupt nicht ab, eher das Gegenteil ist der Fall: So hatte die EVAG in den Jahren 2015 insgesamt 42.350, 2016 insgesamt 44.628 und 2017 (Stand Juni) ca. 24.000 Schwarzfahrer ertappt.

Schwerpunktkontrollen sind aufwendig

Schwerpunkt- und Sonderkontrollen dienen einem Zweck: Sie zeigen knallhart, dass es immer noch zu viele Fahrgäste gibt, die die Beförderung erschleichen und somit der Öffentlichkeit und insbesondere denjenigen schaden, die für ihre Tickets bezahlen. Entsprechend groß ist der Aufwand: In der Regel sind 30 Via-Ticketprüfer im Einsatz, die wiederum unterstützt werden von Polizisten der Einsatzhundertschaft oder Polizisten einzelner Polizei-Inspektionen. Beauftragt wird zusätzlich die PTS GmbH. Diese können flexibler eingesetzt werden und zudem hat es natürlich auch wirtschaftliche Gründe. Bei den Schwerpunkt- und Sonderkontrollen wirkt dennoch immer auch eigenes Via-Personal mit.

Das Auftreten dieser „Prüferinstanz“ mag einigen unverhältnismäßig erscheinen, aber dieses Auftreten entstammt unzähligen Erfahrungen, weiß Sterzl: „Fahrgäste, die ein Ticket haben, haben ja überhaupt nichts zu befürchten. Sie zeigen es vor und gehen dann. Probleme machen eher diejenigen, die sich empören oder Gewalt androhen und meinen, dass die Kontrolle unrechtsmäßig sei. Unrecht hat nur der, der kein Ticket vorweisen kann. Wir haben aber noch ein weiteres Phänomen bei unseren Schwerpunktkontrollen. Bei fast jeder zweiten – dritten Kontrolle erwischt die Polizei Personen, die per Haftbefehl gesucht werden“.
Bei diesen Kontrollen werden über mehrere Stunden, in mehreren Linien immer zwischen 3.000 und 8.000 Personen kontrolliert. Im VRR führen die meisten Verkehrsunternehmen Kontrollen durch.

Kontrolle – ja oder nein?

Kontrollen sind wichtig. Das zeigen die vielen Ergebnisse der Kontrollen pro Jahr und das seit 14 Jahren. Fahrgäste lassen sich nicht gerne kontrollieren. Denn es erweckt den Eindruck, dass sie sich unrechtmäßig verhalten. Gleichwohl lassen wir uns „widerstandslos“ kontrollieren, wenn wir mit der Bahn fahren, ein Konzert oder Fußballspiel besuchen. Festzuhalten bleibt doch: Derjenige der ein gültiges Ticket vorweisen kann, soll es auch vorzeigen. Das tut nicht weh und geht am allerschnellsten. Ging ja bei mir auch!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Jens Kloth

25.07.2017