London Underground: Zu Besuch in den ältesten U-Bahn Schächten der Welt
Vor kurzem war ich für ein paar Tage in London. Dort habe ich mich fortbewegt wie die meisten Londoner auch, nämlich mit dem Bus und mit der U-Bahn. Dabei habe ich erlebt, wie man sich mit Hilfe eines guten Leitsystems sofort zurechtfindet und interessante Formen der Tarif- und Preisgestaltung kennengelernt.
Die Londoner U-Bahn
Die Londoner U-Bahn ist die älteste U-Bahn der Welt und wurde 1863 in Betrieb genommen. Zunächst gab es nur eine Linie mit 5 Stationen auf einer Strecke von 6,5 km. Damals wurden die Züge noch mit Dampf betrieben.
Heute umfasst das Netz der London Underground zwölf Linien, die 268 Stationen auf einer Streckenlänge von über 400 km bedienen. Die 500 U-Bahn-Züge befördern täglich drei Millionen Menschen.
Ein Großteil der Fahrgäste sind Berufspendler. Die Londoner arbeiten in der City, wohnen aber in den zahlreichen Außenbezirken, dort wo der Wohnraum noch einigermaßen bezahlbar ist. So müssen sie täglich viele Kilometer Wegstrecke zur Arbeitsstelle zurücklegen. Ohne das gut ausgebaute Nahverkehrssystem wäre das unmöglich.
Der Autoverkehr in London ist schon lange kollabiert. Es gibt so viele Verkehrsstaus, dass man mit dem Auto selbst für kürzeste Strecken mehrere Stunden benötigt. Stattdesseen verbringt der Londoner durchschnittlich etwa 80 Minuten pro Tag in der U-Bahn. In London die schnellste Art sich fortzubewegen.
Was mich besonders beeindruckt hat, sind die riesigen Dimensionen. Stellt Euch den Bahnhof einer deutschen Großstadt wie Essen, Köln oder Hamburg vor. Davon gibt es in London etwa elf!
Wer von einem Wohnbezirk in die City fahren möchte, fährt mit dem Zug zu einem Verkehrsknotenpunkt, wie z.B. Victoria Station und wechselt von dort in das U-Bahn System.
Die gute „Bedienbarkeit“ der Londoner U-Bahn
Besonders gut hat mir das Leitsystem gefallen. Obwohl ich zum ersten mal in London U-Bahn gefahren bin, habe ich mich sofort zurechtgefunden. Zum Beispiel werden im Bahnhof auf einer Tafel alle Haltestellen, die erreicht werden können, alphabetisch aufgelistet und nach Gleisen aufgeschlüsselt.
So weiß ich sofort zu welchem Gleis ich muss, um mein Ziel „Victoria Station“ zu erreichen. Und das ohne Pläne zu studieren und zu suchen!
An der Victoria Station angekommen, musste ich vom Zug- in das U-Bahnsystem wechseln. In London sind die einzelnen U-Bahn-Linien farbig gekennzeichnet. Um den Eingang zur Linie zu finden, brauchte ich nur den farbigen Linien auf dem Boden des Bahnhofs zu folgen.
In London wurde auch der Liniennetzplan erfunden. 1933 entwickelte der Grafiker Harry Beck die Tube Map, auf der die Linien schematisch dargestellt sind. Er war zur Einsicht gelangt, dass der Fahrgast nicht die genauen geografischen Positionen wissen muss, um von einer Station zur anderen zu gelangen. Nur die räumliche Beziehung der Stationen untereinander ist entscheidend.
Becks Design wird seit langem weltweit von vielen Verkehrsbetrieben verwendet, so auch bei den Liniennetzplänen der EVAG.
Fahrpreise und Preisgestaltung der Londoner U-Bahn
Das System der London Underground ist ein geschlossenes System. Beim Betreten und Verlassen jeder Station muss ich die Fahrkarte vor ein Lesegerät halten, damit sich die Barrieren öffnen.
Das Ticket für eine Fahrt innerhalb der City kostet mindestens 3,10 €. Eine Kurzstrecke gibt es nicht. Der Großraum London ist in 9 Zonen aufgeteilt.
Die weiteste Strecke kostet:
9,30 € zur verkehrsstarken Zeit (Mo – Fr., 6.30 – 9.30 Uhr u.16.00 – 19.00 Uhr)
5,40 € zur verkehrsschwachen Zeit
Eine Monatskarte kostet, je nach Zone, zwischen 166 € und 432 €.
Kontaktloses Bezahlen mit Kredit- oder Guthaben-Karte
Bezahlen könnt ihr kontaktlos via NFC oder mit einer Oyster Card. Die Oyster Card ist eine Prepaid-Karte für den Nahverkehr, die ihr mit einem Geldbetrag aufladen könnt.
Zum Betreten und Verlassen einer Station halte ich die Karte vor das Lesegerät und der Fahrpreis für die zurückgelegte Strecke wird von meinem Guthaben abgebucht.
Tarifautomatik und Kostendeckelung
Wenn ihr mit der Karte bezahlt gibt es eine automatische Kostendeckelung. Egal wie viel ihr fahrt, innerhalb der City bezahlt ihr am Tag nicht mehr als 8,60 €. Wird dieser Betrag erreicht, fahrt ihr automatisch mit einem Tagesticket. Verlasst ihr die Tarifzone, wird das Tagesticket automatisch auf die nächsthöhere Preisstufe erweitert.
Für mich als Besucher ist das ideal, weil man die Oyster Card auch in den Zügen und den Bussen nutzen kann.
Wer hingegen ein herkömmliches Papierticket für eine Einzelfahrt kauft, muss einen saftigen Aufschlag bezahlen. Dann kostet eine Einzelfahrt mehr als das Doppelte. Für eine Fahrt über 1 – 3 Haltestellen werden dann nicht 3,10 €, sondern 6,50 € fällig!
Betriebszeiten der Londoner U-Bahn
Die Londoner Underground verkehrt von 5 Uhr morgens bis 1 Uhr nachts. Die Busse fahren hingegen rund um die Uhr. Aufgrund der gestiegenen Nachfrage werden neuerdings einige U-Bahn Linien die ganze Nacht durch bedient.
Barrierefreiheit der Londoner U-Bahn
Von einer Barrierefreiheit ist man in London noch weit entfernt. Von insgesamt 275 Stationen sind gerade einmal 40 mit Aufzügen ausgestattet. Viele U-Bahnstationen verfügen noch nicht einmal über Rolltreppen. Stationen sind mehrere Jahrzehnte, oder sogar über 100 Jahre alt. Damals wurde noch nicht nach barrierefreien Maßgaben geplant. Allerdings sind umfangreiche Umbauarbeiten geplant.
Die britische Regierung hat insgesamt 16 Milliarden Pfund für Investitionen bis zum Jahr 2030 zugesagt. Davon sollen unter anderem Stationen mit Rolltreppen und Aufzügen nachgerüstet werden.
Dann werde ich 2030 noch einmal London besuchen müssen, um zu sehen was verbessert wurde.
Wäre es möglich so ein geschlossenes System auch in Essen einzuführen ?
Hallo Dennis,
möglich und denkbar ist vieles. Aber ist es auch realistisch umsetzbar?
Es wären dazu erheblich finanzielle Aufwendungen in vermutlich 2stellliger Millionenhöhe erforderlich, um alle Haltepunkte mit einem entsprechenden Drehkreuz und Lesegeräten o.ä. auszustatten.
Damit wären Bahnsteigsperren dann ein wesentlicher Bestandteil des Bezahlsystems. Gibt es zur Zeit in Deutschland und der Schweiz nirgendwo.
Momentan sieht es aufgrund der Haushaltslage der EVAG-Eigentümerin, der Stadt Essen nicht danach aus, dass die finanziellen Möglichkeiten in naher Zukunft bereitgestellt werden können.
Grüße
Olaf Frei