EVAG Tunnelschau: Nachtschicht im U-Bahntunnel
Sonntagabend, 21.55 Uhr. Ich bin auf dem Weg zum U-Bahnhof Martinstraße. Dort erwarten mich Ralf Bachmann, Birgit Köhne und Jörg Tanczius, allesamt Mitarbeiter im EVAG-Immobilienmanagement. Ich begleite die drei heute bei einer Bauwerksprüfung im U-Bahntunnel.
Regelmäßig werden die U-Bahntunnel auf mögliche bauliche Mängel hin überprüft, um sicherzustellen, dass sie stand- und verkehrssicher sind. Der Turnus dieser Prüfungen hängt von der jeweiligen Bauweise des Tunnels ab: alle sechs oder zehn Jahre findet eine Hauptuntersuchung statt; alle drei oder fünf Jahre eine Einfachprüfung. Damit hält sich die EVAG an die gesetzlichen Vorgaben der BOStrab (Straßenbahn-Bau- und Betriebsordnung) und der Norm DIN 1076. Heute steht die Einfachprüfung des Abschnitts zwischen den Bahnhöfen Martinstraße und Rüttenscheider Stern auf dem Programm.
Vertikal, diagonal, horizontal
Jörg reicht mir eine Warnweste. „Ich bleibe hinter dir“, sagt er. Im Gänsemarsch laufen wir an der Tunnelwand entlang. Diese ist in mehrere Blöcke à zehn Meter Länge unterteilt. An Block „T14“ machen wir Halt. Birgit und Jörg teilen sich auf. Mit Taschenlampen suchen sie Zentimeter für Zentimeter zunächst die Wände und dann die Tunneldecke des ersten Blocks nach feuchten Stellen und Rissen ab. Länge, Breite, Höhe, Verlauf – all das ist wichtig. Jeden Riss, der mehr als 0,3 mm breit ist, markieren sie mit weißer Kreide. „So findet man die Stellen beim nächsten Mal leichter wieder“, erklärt Birgit.
Währenddessen dokumentiert Ralf die Ergebnisse und vergleicht sie mit denen aus den vorherigen Bauwerksprüfungen verglichen. Wo genau befindet sich der Riss? Wie lang und wie breit ist er? Verläuft er diagonal, vertikal oder horizontal? Hat er sich im Laufe der Jahre verändert? All das wird handschriftlich festgehalten, später dann digitalisiert und bewertet.
Eine echte Dauerbeschäftigung
„Bei 7,80 Meter: 0,4 Wandvertikalriss. Null bis zwei Meter.“
„Der war mal ein bis 2,80 Meter.“
„Ab zwei Meter seh´ ich nix.“
„Gut, dann lass ich das so stehen.“
Rissbildungen in der Tunnelwand sind in den meisten Fällen nicht schädlich und lassen sich auch nicht vermeiden. Wichtig ist aber zu überprüfen, ob es maßgebliche Veränderungen gibt und ob sich neue Risse gebildet haben. „Ganz genau hinschauen müssen wir besonders dann, wenn in der Umgebung gebaut wird – wie momentan am Berliner Platz. Wenn dort feuchte Stellen oder neue Risse auftauchen, werden wir hellhörig“, betont Ralf.
Nach etwa 30 Minuten sind alle Risse im ersten Tunnelblock erfasst. So langsam wird mir klar, wie viel Zeit solch eine Bauwerksprüfung in Anspruch nimmt. „Ja, das ist eine echte Dauerbeschäftigung“, bestätigt Birgit, als ich sie darauf anspreche. „40 Kilometer Tunnel müssen wir im regelmäßigen Rhythmus prüfen.“
Um Mitternacht verabschiede ich mich. Fünf Stunden Arbeit liegen jetzt noch vor den Kollegen. Zurück in der hell erleuchteten U-Bahnstation muss ich kurz blinzeln. Dann mache ich mich auf den Weg nach Hause.