Verspätungen und Prognosen: Wer hat an der Uhr gedreht?

Lautsprecher, Kameras und DIsplays zur digitalen Fahrgastinformation an der Haltestelle Gemarkenplatz

Lautsprecher, Kameras und DIsplays zur digitalen Fahrgastinformation an der Haltestelle Gemarkenplatz

Ja, es ist wirklich schon so spät. Seit zehn Minuten kommt die Straßenbahn nicht, auf die ich warte. Auf der elektronischen Anzeigetafel stand vor fünf Minuten, dass sie in einer Minute käme. Und meine Uhr stimmt, denn es ist die an meinem Handy. Da stimmt doch was nicht.
Meistens sind die elektronischen Anzeigen der EVAG ja zuverlässig. Das hat sich im Gegensatz zu früher sehr verbessert. Wie funktionieren die eigentlich?

In allen Bussen und Bahnen der EVAG ist ein kleiner Bordcomputer installiert, der alle Fahrpläne enthält. Wie bei einem Smartphone oder einem Navi im PKW verfügen auch die Fahrzeuge der EVAG über eine GPS-Funktion, mit der über Satellit die genaue Position ermittelt wird. Der Computer gleicht diese Position  ständig mit den Fahrplandaten ab und weiß ob er pünktlich ist, oder eine Verspätung hat. Zusätzlich schickt der Computer seine „Hier-bin-ich-Daten“ alle 70 Sekunden an den Zentralrechner in der EVAG Leitstelle an der Schweriner Straße. Dieser Zentralrechner schickt die Daten dann weiter an den zentralen DFI-Rechner, der die 106 oberirdischen Anzeigetafeln (die sogenannte Dynamischen Fahrgastinformation, kurz DFI) versorgt. Dann gibt es noch 218 unterirdische Anzeigetafeln; diese werden wiederum direkt über einen sogenannten Zuglenkrechner versorgt, den man unterirdisch benötigt, um den U-Bahn Verkehr sicher zu steuern.

Bus & Bahn lost in Datenstrom?

Viele Daten – viele Anzeigetafeln. Eigentlich prima. Aber wieso kommt es dann trotzdem manchmal zu widersprüchlichen Anzeigen? Ganz einfach. Die Zeit, die oben angezeigt wird, ist eine Prognose. Also eine Aussage über zukünftige Ereignisse, die auf einer Beobachtung aus der Vergangenheit beruht und nur dann zutrifft, wenn alles stabil so weiter läuft. Heißt, wenn der Fahrplan eingehalten werden kann, dann kommt die Bahn oder der Bus – wie in dem obigen Beispiel – in einer Minute. Das ist die Zeit, die der Rechner laut Fahrplan und dem letzten GPS-Signal vor 70 Sekunden errechnet, also prognostiziert hat. Da nun die EVAG aber nur zu 20 Prozent allein und auf eigenen Trassen fährt und sich zu 80 Prozent die Straße mit dem anderen Verkehr teilt, kann leider immer was dazwischen kommen. Sehr zum Ärger der Fahrgäste und sehr zum Ärger der EVAG-Fahrerinnen und Fahrer. Vom  Falschparker oder dem Verkehrsunfall über Fahrgäste, die freundlich für andere heraneilende Fahrgäste die Türen blockieren … Was da so passieren kann und welche Auswirkungen das hat, hat die bekannte Sendung mit der Maus mal anschaulich in diesem Video erklärt: https://www.youtube.com/watch?v=p7bILpdijmY

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Zurück zum obigen Beispiel: Ein Falschparker blockiert die Gleise und die Bahn steht und kommt nicht weiter. Das kommt übrigens täglich bei der EVAG vor. Etwa 350-400 Fälle von „Falschparkern“ behindern die EVAG jährlich, Die Konsequenzen für unsere Fahrgäste: Verspätungen, verpasste Folgeanschlüsse, versäumte Termine. (Hier geht es zum Facebook-Album Parksünder)

Falschparker oft Grund für Verspätungen

Aber das weiß leider die elektronische Anzeigetafel an der nächsten Haltestelle nicht, wo ich stehe und mich wundere und warte. Die weiß nur das, was der Bordrechner mal prognostiziert hat. Den Unfall kennt die Anzeigetafel nicht. Doof für die elektronische Anzeigetafel und doof für mich als Fahrgast. Kann man das nicht ändern?

In Zukunft mit dem Digitalfunk gegen Verspätungen

Die drei Via-Unternehmen DVG, EVAG und MVG investieren gemeinsam mit der Düsseldorfer Rheinbahn rund 37,5 Millionen Euro in eine neue digitale Verkehrstechnik, kurz ITCS genannt. Mit ITCS können zukünftig die Anschlüsse von der einen zur anderen Linie genauer umgesetzt werden. Der neue Via Zentralrechner errechnet mögliche Verspätungen und gibt der Leitstelle dann einen Hinweis, wenn es erforderlich ist, einzugreifen. Beispielsweise erhält das EVAG Fahrpersonal dann die Empfehlung, auf die noch kommende Bahn zu warten oder den Linienweg zu verkürzen, um in Gegenrichtung wartende Fahrgäste aufzunehmen. Außerdem erhalten Fahrgäste eine schnellere und vor allem präzisere Fahrgastinformation.

Was tun ohne Anzeigetafel an der Haltestelle?

Wenn aber nun keine DFI an der Haltestelle verbaut ist, weil solche DFI viel Geld kosten und die EVAG dieses Geld nicht zur Verfügung hat, dann hilft alternativ ein Blick ins Internet auf www.evag.de
Einfach auf der Startseite auf das Warndreieck-Symbol klicken:

Über Verspätung informieren auf evag.de
Wer gerne twittert, wird auf dem Twitter-Kanal der EVAG https://twitter.com/evag_verkehr fündig. 

Und natürlich hilft die EVAG-App. Dort erhält man aktuelle Verkehrsinfos in Echtzeit, die direkt von der Leitstelle über den VRR IST-Daten-Server eingespielt werden. Die EVAG-App gibt es für iPhone, Android und Windowsphone 8. Hier geht es zu den Apps.  So ausgerüstet steht der nächsten Verspätung der EVAG, sorry, ich meinte der nächsten zeitnahen Information, eigentlich nichts mehr im Wege.

4 Antworten zu “Verspätungen und Prognosen: Wer hat an der Uhr gedreht?”

  1. Vielfahrer sagt:

    Liebe EVAG,

    gibt es schon einen konkret angepeilten Termin für das ITCS?
    Da man seit Jahren in der Zeitung davon liest, und das ganze wirklich großartig klingt, bin ich wirklich auf die Ergebnisse gespannt.

    Danke!

  2. Daniel sagt:

    Ich weiß nicht ob es am alten analogen System liegt, aber mir ist aufgefallen, dass vor allem bei Straßenbahnen die DFI-Anzeigen in den Stationen nur die Bahnen ankündigen die maximal 3 min. entfernt sind. So werden teilweise nur eine oder zwei Fahrten angekündigt und der rest des DFIs ist leer. Oder wenn gar keine Bahn nicht mehr als 3 min. entfernt ist wird nur „Bitte auf Fahrzeugbeschilderung achten“ angezeigt. Bei den U-Bahnen hingegen kommt das merkwürdigerweise nicht vor, obwohl sie die gleiche alte Technik nutzen. In Duisburg kommt das auch nicht vor, weder bei Straßen- noch bei U-Bahnen, obwohl auch hier bei der großen mehrzahl der Fahrzeuge noch das analoge IBIS verbaut ist und noch nicht ITCS.

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Olaf Frei

20.10.2015